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phillip -
VERANSTALTUNGS
TECHNIKER
IM GESPRÄCH
Bevor ihr mit dem Lesen beginnt, hier noch eine kurze Info: Dieses Gespräch haben wir bereits im September 2020 geführt. Es gibt ein paar Stellen an denen man merkt, dass der Inhalt nicht zu den neusten Ereignissen passt. Wir haben uns dazu entschlossen es nicht an den jetzigen Stand der Dinge anzupassen. Denn nur weil wir jetzt seit kurzem das Jahr 2021 haben, es teilweise Impfungen gibt und man das Licht am Ende des Tunnels schon erahnen kann, heißt das noch lange nicht, dass es schon überall und für jeden wieder eine Perspektive gibt. Es ist immer noch ein längerer Prozess bis die Branche wieder Fuß fassen kann. Weiterhin ändert es auch nichts daran, dass die Situation für viele im Herbst 2020 und in den Monaten davor sehr schlecht und perspektivlos war und darauf wollen wir ja ebenfalls aufmerksam machen. Jetzt geht es aber los mit dem Interview! Wie bist du zur Veranstaltungsbranche gekommen und was begeistert dich an deinem Job?„Durch Zufall würde ich sagen! Durch Zufall bin ich zur Veranstaltungstechnik gekommen und habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Die Kulturbranche fasziniert mich schon immer und dann habe ich wie es oft so ist durch Zufall in meiner Berufsfindungsphase diese Ausbildung zum Veranstaltungstechniker in der Halle 02 entdeckt und mich für ein Praktikum beworben. Während diesem dreimonatigen Praktikum habe ich dann bemerkt, dass das genau das ist wonach ich gesucht habe. In meinem Fall als Veranstaltungstechniker begeistert mich eben genau diese Mischung aus Technik, Musik, Kunst, Kultur, Konzerte und Zusammenkünften von Menschen. Alle sind durch diese Leidenschaft und diese besonderen Momente miteinander verbunden. Man ist einfach immer Teil dieser Erlebnisse und ist in dieser Branche dafür zuständig sie zu kreieren. Mich begeistert auch die wahnsinnige Kollegialität die in diesem Beruf herrscht, obwohl man so vereinzelt arbeitet und jeder für sich irgendwie sein Ding macht. Trotz allem entsteht auf jedem Job eben diese besondere Kollegialität da die Zusammenarbeit oft so projektbezogen ist und alle immer daran arbeiten, dass das Projekt bestmöglich umgesetzt wird. Dieser Spirit der da entsteht ist einfach toll!“ Hast du das Gefühl, dass deine Arbeit respektiert und von der Gesellschaft „gesehen“ wird?„Die Arbeit der Kultur grundsätzlich schon. In Bezug auf das politische Standing ist die Branche natürlich nicht da wo sie sein sollte. In der Ausführung meines Jobs fühle ich mich wertgeschätzt. Aber speziell als Techniker ist man sage ich mal, eher einer derjenigen der in der Kette als Letztes wahrgenommen werden. Davor steht immer der Künstler oder die Veranstaltung selbst und es wird tendenziell zuletzt auf den Techniker, die Caterer und die vielen anderen genau so relevanten Jobs geschaut, die notwendig sind so eine Veranstaltung zu realisieren. Allerdings ist das ja auch so ein bisschen das, was einen glaube ich selbst daran reizt. Ein Teil davon zu sein und einen entscheidenden Faktor zu liefern, aber nicht im Spotlight zu stehen.“ Inwieweit bist du, beziehungsweise deine Arbeit durch Corona beeinträchtigt? Was sind entstandene Konsequenzen?„Ich bin komplett beeinträchtigt. Von 100% auf 0% innerhalb eines Tages und von einem gut gebuchten Jahr auf keine Perspektive. Also insofern sind für mich viele und grundlegende Konsequenzen entstanden, für die ich bis dato auch noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden habe.“ Du hast eben schon kurz etwas dazu gesagt, meine nächste Frage an dich wäre: Fühlst du dich vom Staat beziehungsweise der Politik ausreichend unterstützt?„Nein. Der aktuelle Status den speziell wir Techniker in unserer Branche haben, ist noch einmal weniger repräsentiert als es zum Beispiel Theater- und Veranstaltungsstätten sind. Diese sind vielleicht noch einen Tick mehr vernetzt. Vor allem durch diesen großen Anteil an Selbständigen und diese damit zusammenhängenden beruflichen Verschachtelungen in der Branche fehlt da oft der Zusammenhalt. Es wird zwar innerhalb der Branche so langsam immer mehr getan, aber da fehlt von der Politik ganz klar die Wahrnehmung und die Wertschätzung. Was genau die Politik machen könnte und wie die Möglichkeiten aussehen, haben vieler meiner Kollegen in Form von Reden die aktuell durch die Social Media Plattformen ziehen, schon sehr gut und deutlich formuliert und auf den Punkt gebracht. Mir persönlich fehlt einfach die Perspektive und ich weiß nicht wie ich nächstes Jahr und ob ich nächstes Jahr überhaupt genügend Jobs haben werde und wenn ich ein paar habe, ob das ausreicht damit ich davon leben kann. Das kann einfach niemand sagen. Ohne diese Perspektive helfen auch keine Sofort-Hilfen. Auch wenn irgendwelche Kosten gedeckt sind, fehlt ja die Leidenschaft und das warum man den Job macht. Und wenn man nicht arbeiten kann…“ Was denkst du wird die Pandemie auch langfristig für Auswirkungen auf unsere Branche haben?„Für unsere Branche selbst ist das glaube ich ein klares Zeichen zum Umdenken. Natürlich schauen gerade alle wie sie Möglichkeiten finden können jetzt schon Konzepte zu erarbeiten um in dieser Krise andere Wege gehen zu können. Wichtiger ist glaube ich eben, dass wir mehr zusammenhalten, dass unsere Branche mehr als Einheit fungiert. Die Hoffnung ist natürlich da, dass es in dem „Danach“ irgendwann eine Tendenz zur Steigung der Tagessätze gibt und unsere Arbeit mehr Wertschätzung erhält. Auch allein dadurch, dass sich die Branche gerade verkleinert weil sich viele eine Alternative suchen müssen und aus der Branche gehen. Aber genau so ist eben auch die Angst da, dass das Ganze in die entgegengesetzte Richtung läuft.“ Welche Perspektive siehst du für dich aufgrund der Pandemie? „Es ist ja klar, dass das kein endloser Zustand bleiben wird und es ist ja auch anzunehmen, dass sich das in irgendeinem Zeitrahmen wieder löst, spätestens wenn es eine Impfung gibt. Sobald das gegeben ist, ist natürlich wieder eine Perspektive da aber bis zu diesem Punkt ist es natürlich schwer eine Perspektive zu sehen.“ Was müsste sich deiner Meinung nach ändern damit die Branche mehr in den Fokus rückt?„Schwierige Frage. Ich denke wenn man da die Antwort hätte könnte man das einfach tun. Also ich glaube dieser Zusammenhalt ist wichtig! Aber es ist schwierig unseren Teil mehr in den Fokus zu setzen. Ja, ich glaube darauf habe ich einfach keine Antwort.“ „Verstehe ich auch. Ich habe das glaube ich auch ein bisschen aus dem Grund gefragt, weil ich mir einfach gedacht habe, dass solche Branchen wie die Gastronomie und der Tourismus, in denen auch viele Leute im Hintergrund für irgendeinen Freizeit- und Spaßfaktor arbeiten, doch auch oftmals ein bisschen mehr „gesehen“ werden. Es kommt natürlich immer darauf an. Es gibt genügend Leute die die Arbeit in solchen Branchen ebenfalls nicht sehr respektieren. Diese Branchen sind glaube ich gesellschaftlich und wirtschaftlich gesehen aber trotzdem oft noch ein bisschen mehr auf dem Schirm als unsere Branche. „Ja das stimmt!“ „Ich denke, dass diese Jobs die man da ausführen kann einfach für viele Menschen aktuell noch nicht ganz verständlich sind. Viele Bereiche und auch viele Jobs der Veranstaltungs- und Kulturbranche sind ja im Vergleich zu anderen Branchen auch noch sehr neu. Denn was ein Kellner grundlegend macht ist klar. Auch wenn man jetzt nicht jede Einzelaufgabe seiner Hintergrundaufgaben kennt. Aber was dann, in deinem Fall Veranstaltungstechniker, nicht nur vor und nach einer Veranstaltung, sondern auch während der Veranstaltung machen, wissen viele einfach nicht.“ „Vielleicht fehlt da tatsächlich einfach wirklich die mediale Präsenz. Die Meisten können sich nichts darunter vorstellen wenn ich ihnen auf die Frage, was ich denn mache antworte, dass ich Veranstaltungstechniker bin. Vielleicht irgendwas mit Theater oder vielleicht noch Tontechnik, aber wie vielschichtig der Beruf ist, da fehlt eventuell wirklich die Präsenz. Da ist ja zum Beispiel gerade so etwas wie das Konzept hier ein Ansatz mehr Präsenz zu kreieren. Indem man darüber redet und den Menschen die in dieser Branche arbeiten eine Plattform gibt.“ #attentionpleasestories Vielen Dank Phillip für das gute Gespräch über die schwierige Situation der Veranstaltungs- und Kulturbranche! © 2020 attentionplease stories
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